Bild mit Eule auf einem Buch sitzendKathrin Fuchs
@kathrinfuchs

Digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA) – Neue Therapiemöglichkeiten kennenlernen

A close-up image of a person's hand holding a smartphone displaying various popular apps. Symbolisiert die DiGA Digitale Gesundheitsanwendungen
Digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA) - Neue Therapiemöglichkeiten kennenlernen 2

Worum geht es bei digitalen Gesundheitsanwendungen?
Digitale Gesundheitsanwendungen sind Apps oder browserbasierte Anwendungen, die von Ärzt:innen oder Psychotherapeut:innen verschrieben werden können und von der gesetzlichen Krankenversicherung übernommen werden. Durch die gesetzliche Einführung dieser Anwendungen öffnen sich neue Horizonte für Patient:innen mit chronischen oder akuten Erkrankungen, da sie eine digitale und individuell zugeschnittene Unterstützung erhalten. Im Folgenden wird erläutert, was digitale Gesundheitsanwendungen sind, für welche Bereiche sie bereits erhältlich sind und wie man sie optimal nutzt.

Details
Im Folgenden findest Du einen ausführlichen Blogbeitrag zum Thema digitale Gesundheitsanwendungen, der in die Grundlagen einführt, aktuelle Anwendungsbereiche vorstellt und Tipps zur Nutzung gibt.

  1. Einleitung: Was sind Digitale Gesundheitsanwendungen?
    • Unter Digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA) versteht man zertifizierte Medizinprodukte, die Patient:innen bei der Erkennung, Überwachung, Behandlung oder Linderung von Krankheiten unterstützen.
    • Rechtlicher Hintergrund: Die Grundlage für DiGAs entstand durch das Digitale-Versorgung-Gesetz (DVG). Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) ist für die Prüfung und Aufnahme von DiGAs ins offizielle Verzeichnis zuständig.
    • „Apps auf Rezept”: Dieser Begriff wird häufig verwendet, um zu verdeutlichen, dass Ärzt:innen oder Psychotherapeut:innen die Anwendung verordnen können. Unter bestimmten Voraussetzungen werden DiGAs vollständig von den gesetzlichen Krankenkassen erstattet.
  2. Warum sind DiGAs so relevant?
    • Überbrückung von Versorgungslücken: Insbesondere bei chronischen Erkrankungen oder bei speziellen therapeutischen Maßnahmen können digitale Anwendungen den Alltag der Patient:innen erleichtern und eine kontinuierliche Begleitung zwischen den Arztterminen ermöglichen.
    • Individualisierung der Therapie: Viele DiGAs bieten personalisierte Programme. Mithilfe eines kurzen Online-Fragebogens, regelmäßigen Feedbacks und spezifischen Übungen wird direkt auf die individuellen Bedürfnisse der Patient:innen eingegangen.
    • Niederschwelliger Zugang: Anstatt lange auf Arzttermine zu warten, kann man sich mit einer DiGA-appbasiert Informationen, Messungen oder Übungen holen. Das steigert die Selbstständigkeit und kann im Idealfall auch die Therapieeffizienz erhöhen.
  3. Wann ist eine Anwendung eine DiGA?
    • Medizinprodukt-Klassifizierung: Nur bestimmte digitale Produkte, die als Medizinprodukt klassifiziert wurden und strenge Zulassungskriterien erfüllen, dürfen sich DiGA nennen.
    • Anforderungen an den Datenschutz: Die Einhaltung der strengen Anforderungen der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) ist essenziell. Hinzu kommen hohe Anforderungen an die Datensicherheit, die in der Praxis regelmäßig vom BfArM überprüft werden.
    • Listet im DiGA-Verzeichnis: Sobald das BfArM eine digitale Anwendung offiziell listet, kann sie als DiGA von Ärzt:innen verordnet und von der Krankenkasse erstattet werden.
  4. Überblick: Erkrankungen und Indikationen mit bereits verfügbaren DiGAs
    Im Folgenden stellen wir einige Erkrankungsbereiche vor, für die bereits Apps auf Rezept verfügbar sind. Die Liste wächst kontinuierlich, deshalb lohnt sich ein regelmäßiger Blick ins offizielle DiGA-Verzeichnis des BfArM. (a) Diabetes mellitus
    • Diabetes-Management-Apps: Einige DiGAs helfen Patient:innen mit Typ-1- oder Typ-2-Diabetes, ihren Blutzuckerspiegel zu überwachen, ihre Ernährung zu planen und Informationen rund um Insulin-Einstellungen abzurufen. Sie bieten etwa Funktionen zur Ernährungsprotokollierung und integrieren Geräte wie Blutzuckermessgeräte.
    • Unterstützung im Alltag: Gewohnheitsbildung (Tracking von Mahlzeiten, automatisierte Erinnerungen) und Aufklärung (z. B. über Spätfolgen) sind zentrale Elemente. (b) Depression und Angststörungen
    • Psychotherapeutische Apps: Im Bereich psychischer Erkrankungen haben sich digitale Angebote für kognitive Verhaltenstherapie etabliert. Beispielsweise werden videobasierte Übungen angeboten, begleitet von digitalen Fragebögen, die den Behandlungsverlauf dokumentieren.
    • Bewältigungsstrategien: Betroffene können das Gelernte aus der Therapie auch außerhalb fester Sitzungen direkt im Alltag umsetzen. Tipps zu Achtsamkeits- oder Entspannungsübungen fördern die Selbstwahrnehmung und helfen, negative Muster frühzeitig zu erkennen. Beispiele: Invirto, Mindable, Selfapy, generalisierte Angststörung, NichtraucherHelden-App (c) Tinnitus
    • Personalisierte Audiotherapie: DiGAs zu Tinnitus bieten häufig ein modulares Programm, das mit akustischem Training arbeitet. Dies soll die Wahrnehmung des Tinnitusgeräuschs verringern und gezielt Entspannung herbeiführen.
    • Fortschrittsmessung: Über regelmäßige Fragebögen zur Tinnitus-Belastung kann ein objektiver Verlauf beobachtbar werden. (d) Übergewicht und Adipositas
    • Gewichtsmanagement: Apps, die bei Ernährungsberatung, Bewegung und Verhaltensänderungen unterstützen. Oft sind sie eng vernetzt mit Wearables (Smartwatch oder Fitnessarmband), um Schritte, Aktivitätslevel oder Kalorienverbrauch zu dokumentieren.
    • Langfristige Verhaltensänderung: Der Fokus liegt auf der Integration eines gesunden Lebensstils mit Hilfe von Wochenzielen, Ernährungsplänen und Online-Coachings. (e) Migräne und Kopfschmerzerkrankungen
    • Kopfschmerztagebuch: Digitale Gesundheitsanwendungen für Migräne bieten in der Regel ein ausführliches Tagebuch für Symptome, Auslöser und Schmerzverläufe.
    • Analyse durch Algorithmen: Die gesammelten Daten werden ausgewertet, um personalisierte Therapieansätze zu ermöglichen. Häufig werden Entspannungsübungen und Trigger-Warnungen integriert. (f) Rückenschmerzen und Orthopädie
    • Digitale Physiotherapie: Das Angebot reicht von Trainingsprogrammen für zu Hause bis hin zu Videoanleitungen, die von Physiotherapeut:innen überprüft wurden.
    • Langfristige Motivation: Durch Gamification-Elemente (z. B. Fortschrittsbalken, Auszeichnungen) werden Patient:innen motiviert, das Programm konsequent durchzuführen.
  5. Rechtliche und finanzielle Aspekte
    (a) Kostenübernahme durch die gesetzliche Krankenkasse
    • Voraussetzung für die Übernahme: Liegt die Verordnung einer Ärztin oder eines Arztes vor und ist die App im DiGA-Verzeichnis gelistet, so übernimmt die gesetzliche Krankenkasse üblicherweise die Kosten vollständig.
    • Dauer der Kostenübernahme: Bei der Erstverordnung wird die DiGA meist für drei Monate übernommen. Anschließend kann eine Folgeverordnung erfolgen, wenn medizinisch sinnvoll. (b) Datenschutz und Datensicherheit
    • Strenge Auflagen: Durch die Klassifizierung als Medizinprodukt unterliegt die DiGA hohen Datenschutzstandards und technischen Sicherheitsmaßnahmen. Dazu gehören verschlüsselte Datenübertragung und klar definierte Zugriffsrechte für Dritte.
    • Transparenz: Anbieter sind verpflichtet, offen zu legen, wie und warum Daten erhoben, verarbeitet und gespeichert werden. Nutzer:innen sollten diese Informationen sorgfältig durchlesen und verstehen, um ein sicheres Gefühl zu erlangen.
  6. Blick in die Zukunft
    • Kontinuierlich wachsende Vielfalt: Die Zahl der im DiGA-Verzeichnis geführten Apps steigt. Neue Indikationen – etwa zirkadiane Rhythmusstörungen oder seltene Erkrankungen – werden in Zukunft zunehmend durch digitale Tools unterstützt.
    • Verbindung mit Wearables (z.B. Smartwatches): Durch die kontinuierliche Verbesserung von Wearables können Daten wie Herzfrequenz, Schlafrhythmus und Aktivitätslevel in die Analyse einfließen. Das erweitert die Präzision, mit der eine digitale Anwendung personalisierte Therapiepläne erstellt.
    • Telemedizinische Betreuung: Immer mehr Ärzt:innen bieten Online-Konsultationen an. So kann eine Brücke zwischen klassischer Therapie und digitaler Anwendung geschlagen werden.
  7. Fazit: Wie Gesundheitsapps den Gesundheitsmarkt verändern
    • Mehr Selbstbestimmung: Patienten können über den Einsatz von DiGAs aktiv am Therapiegeschehen mitwirken. Dies steigert das Bewusstsein für die eigenen Gesundheitswerte und führt oft zu einem besseren Verständnis für die Wirkung von Medikamenten, Ernährung und Bewegung.
    • Effektivere Behandlung: Ärzt:innen erhalten durch die digitalen Protokolle und Feedbackschleifen mehr Daten für eine individualisierte Therapie.
    • Mehr Transparenz: Da DiGAs vom BfArM geprüft werden, können Nutzer:innen die Sicherheit der Anwendung, die medizinische Wirksamkeit und die Erstattung durch die Krankenversicherung vergleichsweise einfach überprüfen.

Insgesamt sind digitale Gesundheitsanwendungen aus meiner Sicht ein zukunftsweisender Schritt in der Versorgung von Patient:innen mit unterschiedlichen Krankheitsbildern. Sie erschließen neue Möglichkeiten der Selbstkontrolle, Therapiebegleitung und interdisziplinären Zusammenarbeit. Mit zunehmender Digitalisierung und einem wachsenden Angebot an bewährten Anwendungen können diese langfristig dazu beitragen, die medizinische Versorgung individuell zu verbessern und die Effizienz des Gesundheitssystems zu steigern.

ABER: Der Erfolg hängt davon ab, dass Sie die Anwendung auch tatsächlich nutzen!

Fun-Facts am Rande

Bekanntheit der DiGA unter Ärzten in Deutschland

Digitale Gesundheitsanwendungen sind in Deutschland seit 2020 als verschreibungsfähige, von den Krankenkassen erstattete Apps verfügbar. Die Bekanntheit und Akzeptanz unter Ärztinnen und Ärzten ist in den letzten Jahren deutlich gestiegen, auch wenn weiterhin Verbesserungsbedarf besteht.

  • Laut einer Umfrage aus dem Jahr 2022 kannten 85,5% der befragten Ärzt:innen die DiGA, wobei 36,9% bereits praktische Erfahrungen mit DiGA gemacht hatten – mehr als doppelt so viele wie im Vorjahr.
  • Der Anteil derjenigen, die DiGA noch nicht kannten, sank von 18,9% (2021) auf 14,5% (2022).
  • Die Akzeptanz steigt besonders dann, wenn klinische Evidenz für den Nutzen der DiGA vorliegt und sich Patientenwünsche ändern.

Umfang und Erfahrungen mit der Verordnung von DiGA

Die tatsächliche Nutzung und Verschreibung dieser Anwendungen nimmt zu, ist aber noch nicht flächendeckend.

  • Zwischen 2020 und 2023 wurden insgesamt 374.000 DiGA eingelöst, wobei allein 2023 über 200.000 Verschreibungen stattfanden – ein Anstieg um 66% gegenüber dem Vorjahr.
  • Ende 2023 waren 49 DiGA zugelassen, im April 2025 bereits 691.
  • Bereits 2022 hatte etwa ein Drittel der ambulant tätigen Ärzt:innen mindestens einmal eine DiGA verschrieben (2021: 14,3%).
  • 6,3% der Ärzt:innen hatten schon mehr als 15 DiGA-Verordnungen ausgestellt, 7,5% zwischen 6 und 15, und 19,8% hatten DiGA ein- bis fünfmal verordnet.

Hemmnisse und Herausforderungen

Trotz steigender Bekanntheit und Nutzung gibt es weiterhin Hürden:

  • Die Akzeptanz hängt stark von der klinischen Evidenz und der Wahrnehmung des tatsächlichen Nutzens ab.
  • Kosten für Verschreibung und Abrechnung sowie Datenschutzbedenken wirken sich negativ auf die Akzeptanz aus.
  • Die Verordnung ist mit einem gewissen Aufwand verbunden, da Ärzt:innen eine Nutzen-Risiko-Abwägung treffen und sich mit den jeweiligen DiGA im Verzeichnis vertraut machen müssen.
  • Es gibt weiterhin einen Anteil von Ärzt:innen, die DiGA kritisch sehen oder als wenig nützlich einstufen.

Fazit

Diese Anwendungen sind den meisten Ärzt:innen in Deutschland inzwischen bekannt, und die Zahl der Verordnungen steigt kontinuierlich. Etwa ein Drittel der ambulant tätigen Ärzt:innen hat bereits diese Anwendungen verschrieben, wobei die Nutzung vor allem in Bereichen mit klar belegtem Nutzen zunimmt. Die Akzeptanz wächst, ist aber noch nicht flächendeckend, und es bestehen weiterhin Vorbehalte hinsichtlich Aufwand, Datenschutz und tatsächlichem medizinischen Mehrwert.

Weiterführende Links:

  1. https://www.handelsblatt.com/technik/medizin/inside-digital-health/diga-gesundheits-apps-werden-populaerer/100117848.html
  2. https://www.aerztezeitung.de/Wirtschaft/DiGA-Verordnung-mit-Tuecken-448374.html
  3. https://www.kvberlin.de/fuer-praxen/alles-fuer-den-praxisalltag/verordnung/digitale-gesundheitsanwendungen
  4. https://www.stiftung-gesundheit.de/pdf/studien/aerzte-im-zukunftsmarkt-gesundheit_2022_barrierefrei.pdf
  5. https://www.kbv.de/html/diga.php
  6. https://www.arzt-wirtschaft.de/digital-health/ein-jahr-app-auf-rezept-bei-aerzten-macht-sich-ernuechterung-breit
  7. https://www.springermedizin.de/pflege/digitale-gesundheitsanwendungen/digitale-gesundheitsanwendungen-diga-in-der-primaerversorgung-er/23639306
  8. https://www.aok.de/gp/e-health/digitale-gesundheitsanwendungen
  9. https://www.bifg.de/media/dl/Reporte/Arztreporte/2024/pressemappe-barmer-arztreport-2024-web.pdf
  10. https://www.aerztezeitung.de/Kooperationen/Sind-DiGA-nur-ein-nettes-Gimmick-435638.html
  11. https://digitalversorgt.info/mehr-ueber-diga-fuer-aerzte/
  12. https://www.handelsblatt.com/technik/medizin/inside-digital-health/digitale-gesundheitsanwendungen-diga-markt-waechst-im-ersten-halbjahr-2022/28496184.html
  13. https://www.springermedizin.de/pflege/digitale-gesundheitsanwendungen/welche-potenziale-und-mehrwerte-bieten-diga-fuer-die-hausaerztli/23628332
  14. https://digitalversorgt.de/wp-content/uploads/2024/01/DiGA-Report-2023-SVDGV.pdf
  15. https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/news/artikel/2022/11/30/akzeptanz-fuer-diga-steigt
  16. https://www.iese.fraunhofer.de/blog/digitale-gesundheitsanwendungen-zwischenfazit/
  17. https://www.tk.de/presse/themen/digitale-gesundheit/digitaler-fortschritt/diga-report-2-2024-2125138
  18. https://www.gkv-spitzenverband.de/gkv_spitzenverband/presse/fokus/fokus_diga.jsp
  19. https://www.tk.de/resource/blob/2126090/778e6135918696524cccc1b7be39fd1b/diga-report-data.pdf
  20. https://www.bfarm.de/DE/Medizinprodukte/Aufgaben/DiGA-und-DiPA/DiGA/Wissenswertes/_artikel.html
  21. https://www.vfa.de/download/diga-handreichung-aerztinnen.pdf
  22. https://www.bfarm.de/DE/Medizinprodukte/_FAQ/DigiG/DiGA-und-Telemonitoring/faq-liste.html?cms_fid=1742090
  23. https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/3_Downloads/Gesetze_und_Verordnungen/GuV/D/DiGA-Leitfaden_2020.pdf
  24. https://www.gesetze-im-internet.de/digav/BJNR076800020.html

Nach oben scrollen
Kontakt