Bild mit Eule auf einem Buch sitzendKathrin Fuchs
@kathrinfuchs

Bürgergeld – 7 Änderungen ab 01.07.23

Man sieht Geldscheine und Geldmünzen

Einleitung

Das Bürgergeld-Gesetz hat am 01.01.2023 das sogenannte „Hartz-IV“ abgelöst. Ziel des Ganzen war es vor allem, mit den Leistungsbezieher:innen mehr auf „Augenhöhe“ zu kommunizieren. Davon kann – jedenfalls nach meiner Erfahrung in der Mandatsbetreuung – bislang überhaupt nicht die Rede sein. Das „Über-Unterordnungsverhältnis“ wird nach wie vor extensiv ausgelebt. Ob sich daran zukünftig etwas ändern wird bleibt abzuwarten. Weitere wichtige Ziele der Bürgergeld-Reform treten erst ab dem 01.07.2023 in Kraft. Darum soll es in diesem Beitrag gehen.

Die folgenden Regelungen gelten ab dem 01.07.2023:

Bislang erhielt man als sogenannter „Aufstocker“ über den Grundfreibetrag von 100 € hinaus einen Erwerbstätigenfreibetrag von zusätzlich 20 % auf das erzielte Brutto-Einkommen bis zur Grenze von 1.000 €, darüber hinaus bis 1.200 € noch 10 % (Eltern mit Kindern bis 1.500 €).

Jetzt erhöht sich dieser Freibetrag wie folgt:

100€ Grundfreibetrag
84€ 20% von 420€ (100-520€)
144€ 30% von 480€ (520-1000€)
20€ 10% von 200€ (1000-1200€)
30€ 10% von 300€ (1200-1500€) – nur mit Kind
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348€/ 378€ mit Kind

Das Ganze ist natürlich kein großer Sprung. Aber aufs Jahr gerechnet dürfte man in der höchsten Stufe ohne Kind knapp 600 € mehr.

Kinder bis zu einer Altersgrenze von 25 Jahren dürfen ab sofort 520 € anrechnungfrei hinzuverdienen! Das ist wirklich eine deutliche Verbesserung. Der Gesetzgeber möchte den jungen Menschen vermitteln, dass sich Arbeit lohnt.

Bislang war es so, dass das Mutterschaftsgeld auf den Bürgergeldanspruch in voller Höhe als Einkommen (abzüglich gewisser Freibeträge) angerechnet wurde. Das ist jetzt nicht mehr der Fall.

Nach der letzten Reform zum Thema Erbschaften und Hartz IV sah das Gesetz vor, dass Erbschaften ab dem Zeitpunkt des Zuflusses bzw. der Verwertungsmöglichkeit als Einkommen angerechnet wurde. Allerdings gab es eine Ausnahme: Sachleistungen, also auch der wichtige Punkt Immobilienerwerb, wurde neu als Vermögen angesehen. Das war bereits eine gewisse Entlasung. Die übrigen geldwerten Erbschaften, vor allem Geldvermögen, wurde als Einmaleinkommen auf sechs Monate verteilt angerechnet. Das brachte deutliche Nachteile mit sich, weil dadurch oftmals die gesamte Erbschaft aufgebraucht werden musste, bevor man wieder Hartz-IV beantragen konnte bzw. höhere Leistungen erhielt.

Da die Vermögensfreigrenzen seit 01.01.23 erheblich gestiegen sind, wird es zukünftig möglich sein, sein Erbe zu behalten oder zumindest bis zu den gestiegenen Schonvermögensgrenzen von 15.000 € (zzgl. der Freibeträge weiterer Bedarfsgemeinschaftsmitglieder.

Das Thema „Erreichbarkeit“ mit der Pflicht, sich nicht ohne Genehmigung vom zeit- und ortsnahen Bereich zu entfernen, so dass Post des Jobcenters persönlich entgegengenommen werden kann, entfällt nun. Es wird zukünftig (die Rechtsverordnung ist noch nicht in Kraft, soll aber so verabschiedet werden) ausreichen, dass Post auch von Dritten entgegengenommen werden kann und auch eine digitale Übermittlung ausreichend ist.

Ehrenamtspauschale

Der Freibetrag für die geleistete Aufwandsentschädigung (Ehrenamt und Übungsleiterpauschale) beträgt monatlich 250 €. Ab 01.07.23 kommt es auf diesen monatlichen Freibetrag nicht mehr unmittelbar an. Denn entscheidend ist nur, dass der Jahresfreibetrag von 3.000 € nicht überschritten wird. Zahlt also die gemeinnützige Organisation z.B. halbjährlich 1.500 €, so bleiben diese vollständig anrechnungsfrei. Nach der bisherigen Regelung wären nur 250 € frei geblieben und der Rest als Einkommen angerechnet.

Bundesfreiwilligendienst

Der Freibetrag beträgt für U25-Personen wie schon oben erklärt 520 €. Wer älter ist, darf 250 € monatlich behalten. Hier gilt aber wieder das Monatsprinzip. D.h., würde in einem Monat noch ein Teilbetrag des Vormonats mit dem aktuellen Monatstaschengeld überwiesen, so verbleibt es bei den maximal 250 € Freibetrag.

I. Kooperationsplan

Die Eingliederungsvereinbarung (EV) läuft aus. Aktuell noch bestehende Eingliederungsvereinbarungen enden spätestens zum 31.12.2023. Wer neu in den Leistungsbezug kommt oder bei dem keine EV besteht, mit dem wird nach einem individuellen Coaching „auf Augenhöhe“ ein Kooperationsplan geschlossen. Die Einladung zum Abschluss des Kooperationsplans erfolgt zunächst ohne Rechtsfolgenbelehrung. Nimmt man den Termin nicht war, erhält man ein Mitwirkungsschreiben mit Rechtsfolgenbelehrung, d.h. kooperiert man nicht, wird es zu Sanktionen kommen. Wer den Plan nicht abschließt, erhält diesen wie bisher bei der EV als Verwaltungsakt. Auch dieser enthält eine Rechtsfolgenbelehrung. Wer die „Pflichten“ nicht einhält, wird sanktiniert.

Neu ist, dass man ein Schlichtungsverfahren einleiten kann. Während dieses Verfahrens dürfen keine Sanktionen ausgesprochen werden. Beide Seiten sind zur Teilnahme aber nicht verpflichtet.

Zukünftig soll es keine „Vermittlung um jeden Preis“ mehr geben. Die indivuellen Wünsche, vor allem der bisherige berufliche Lebenslauf, sollen mehr Berücksichtigung finden. Auch soll man mehr Zeit bekommen, um Grundkompetenzen wie z.B. IT-Kenntnisse, Deutsch, Mathe etc. zu erwerben.

Es wird sich zeigen, wie dies in der Praxis verwirklicht wird. Schön wäre es, wenn es funktioniert.

Fazit: Neuer Name, gleicher Inhalt – ich sehe bis auf den zuletzt genannten Punkt keine Verbesserungen

II. Weiterbildungsbonus

Positiv ist, dass es jetzt einen Bonus gibt, wenn man an einer Weiterbildungsmaßnahme mit und ohne Abschluss teilnimmt.

Abschlussbezogene Weiterbildung und Umschulung:

Voraussetzung ist, dass man eine Umschulung macht oder die Weiterbildung zu einem Berufsabschluss führt. In diesem Fall erhält man anrechnungsfrei monatlich 150 €.

Für eine bestandene Zwischenprüfung gibts on top 1.000 €, für einen Abschluss 1.500 € zusätzlich.

III. Bürgergeldbonus

Der Bürgergeldbonus ist ein wirklicher Fortschritt – 75 € gibt es ohne gesonderten Antrag monatlich anrechnungsfrei zum Bürgergeld, wenn man an einen der folgenden Maßnahmen teilnimmt:

Weiterbildung ohne Abschluss

Das sind alle Maßnahmen, die zu einer besseren Integration in den Arbeitsmarkt führen können. Voraussetzung ist, dass der Kurs etc. mindestens 8 Wochen dauert.

Beispiele: Sprachkurs, Alphabetisierungskurs, Computerkurs u.a.

Teilnahme an Rehamaßnahmen zur Teilhabe am Arbeitsleben, auch im Rahmen des Persönlichen Budgets

Berufsvorbereitende Bildungsmaßnahmen

Einstiegsqualifizierung

Maßnahmen in der Vorphase der Assistierten Ausbildung

Maßnahmen zur Förderung schwer zu erreichender junger Menschen nach § 16h Abs. 1 SGB II

Eine negative Einschränkung gibt es dann aber doch: Den Bonus erhält nicht, wer nur sein Arbeitslosengeld mit Bürgergeld aufstockt. Hier sind ausschließlich die Agenturen für Arbeit zuständig. So zumindest mein aktueller Wissensstand.

IV. Berufsausbildung

Die geförderte Berufsausbildung ist nicht mehr auf 2 Jahre begrenzt. Es werden zukünftig auch Ausbildungen gefördert, die 3 Jahre dauern. Daher hat man eine größere Auswahl.

Demnächst folgen noch ein paar Beiträge zu den Änderungen seit Januar, da es aus meiner Sicht noch einiges an Aufklärungsbedarf gibt. Dazu zählt u.a. auch die Einreder der Minderjährigenhaftung nach § 1629a BGB und Bagatellgrenze für Rückforderungen.

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