Einführung
Die Rechtsschutzversicherung kann Sie vor erheblichen finanziellen Belastungen bewahren, wenn es zu einem rechtlichen Konflikt kommt. Eine solche Versicherung übernimmt – je nach Versicherungsvertrag – in vielen Fällen die Kosten für Anwaltshonorare, Gericht, Sachverständige und Zeugengelder. Auf dieser Seite erhalten Sie einen Überblick über den grundsätzlichen Deckungsumfang, mögliche Selbstbehalte, typische Einschränkungen sowie Hinweise zur Vergütungsvereinbarung.
Deckungsumfang und Selbstbehalte
• Typische Leistungen: In der Regel umfasst die Rechtsschutzversicherung die Kostenübernahme für anwaltliche Beratung, gerichtliche oder außergerichtliche Verfahren und eventuelle Gutachten. Der genaue Leistungsumfang variiert jedoch je nach Versicherer und Tarif. So ist im Sozialrecht oft das Widerspruchsverfahren ausgeschlossen und es wird erst ab dem Klageverfahren gezahlt. Besonders hervorzuheben ist, dass die Kosten für ein Privatgutachten nach § 109 SGG im sozialgerichtlichen Verfahren übernommen werden, was oft erst die „Wende“ im Klageverfahren herbeiführt. Ohne Rechtsschutzversicherung drohen Kosten je nach medizinischem Fachgebiet und Rechtsgebiet zwischen mindestens 1.000 € und 6.000 €.
• Selbstbehalte: Häufig wird im Versicherungsvertrag ein Selbstbehalt vereinbart. Das bedeutet, dass Sie im Falle eines Rechtsstreits einen festgelegten Betrag (z.B. 150,– bis 300,– Euro) selbst tragen müssen. Dieser Selbstbehalt wird bei jeder Inanspruchnahme Ihrer Versicherung fällig und kann je nach Tarif variieren.
Einschränkungen und Ausschlüsse
• Wartezeiten: Viele Rechtsschutzversicherer sehen eine Wartezeit von meist drei Monaten oder länger vor. Während dieser Zeit kann noch kein voller Versicherungsschutz in Anspruch genommen werden.
• Unerlaubte Handlung und Vorsatz: Ansprüche, die auf einer vorsätzlichen Straftat oder einer vorsätzlichen Pflichtverletzung beruhen, sind oft vom Versicherungsschutz ausgenommen.
• Bestimmte Rechtsgebiete: Nicht alle Policen beinhalten z.B. Sozialrechtsschutz, Steuerrechtsschutz oder Migrationsrechtsschutz. Es lohnt sich, die genauen Bedingungen zu prüfen, um zu wissen, in welchen Bereichen Sie tatsächlich versichert sind.
• Vorvertragliche Ereignisse: Ist der konkrete Rechtsfall bereits vor Abschluss der Versicherung oder während der Wartezeit entstanden, kann die Versicherung die Kostenübernahme verweigern.
Rechtsschutzfall Sozialrecht und Migrationsrecht
Sozialrecht
Im Sozialrecht beginnt ein versicherungsrelevanter Rechtsfall nicht bereits im Antragsverfahren. Erst dann, wenn Sie einen ablehnenden Bescheid erhalten haben oder aber die Behörde nach Ablauf der gesetzlichen Fristen nicht reagiert, kommt eine Deckungszusage für ein Widerspruchs- oder Eilverfahren, aber auch eine Untätigkeitsklage in Betracht. Zu beachten ist aber, dass viele Rechtsschutzversicherer bedingungsgemäß die vorgerichtliche Inanspruchnahme eines Rechtsanwalts nicht abdecken, sondern erst ab dem Klage- und/oder Eilverfahren.
Migrationsrecht
Im Migrationsrecht ist das Antragsverfahren ganz entscheidend, weil sich im Falle eines ablehnenden Bescheides regelmäßig kein Widerspruchsverfahren anschließt, sondern direkt Klage erhoben werden muss. Daher ist es regelmäßig sinnvoll, bereits im Antragsverfahren einen Rechtsanwalt einzuschalten. Allerdings sehen auch hier die Rechtsschutzversicherer in aller Regel keinen Deckungsschutz vor. Dies erstreckt sich leider auch oft auf das gesamte Migrationsrecht, also auch für Klageverfahren. Insofern prüfen Sie dies bitte im Vorfeld.
Vergütungsvereinbarungen
• Individuelle Vereinbarungen: Auch wenn eine Rechtsschutzversicherung besteht, ist in vielen Fällen eine Vergütungsvereinbarung erforderlich, um die Komplexität eines Falles mit der dafür benötigten Zeit ordnungsgemäß bearbeiten zu können. Insbesondere im Bereich des Sozialrechts, wenn es auf medizinische Fragen ankommt und medizinische Sachverständigengutachten und umfangreiche Verwaltungsakten ausgewertet werden müssen, kann dies nur durch eine über die gesetzlichen Gebühren hinausgehende Vergütungsvereinbarung abgedeckt werden. In dem Fall müssen Sie sich die Rechtsschutzversicherung als eine Teilkaskoversicherung vorstellen.
Kommt es zum Abschluss einer Vergütungsvereinbarung, gilt es zu beachten, dass der vereinbarte Selbstbehalt zusätzlich gezahlt werden muss. Sollte sich am Ende eines Widerspruchs- und/oder Klageverfahrens ergeben, dass Ihnen ein Kostenerstattungsanspruch gegenüber der Gegenseite zusteht, dann bezieht sich dieser immer nur auf die – von der Rechtsschutzversicherung gedeckte – gesetzliche Gebühr nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG). Die mit dem Anwalt vereinbarte, über die gesetzliche Gebühr hinausgehende Vergütung, wird dann also weder vom Gegner, noch von der Rechtsschutzversicherung übernommen. Lediglich der von Ihnen zu leistende Selbstbehalt kann dann bevorrechtet an Sie erstattet werden.
• Transparenz: Vor Mandatsaufnahme klären wir gemeinsam mit Ihnen, ob und in welchem Umfang die Versicherung die Gebühren übernimmt. So bleiben die Kosten für Sie transparent und kalkulierbar.
Kostendeckungsanfrage gegenüber der Rechtsschutzversicherung
Bei Mandant*innen herrscht häufig der Glaube vor, der Anwalt regelt das schon mit der Rechtsschutzversicherung. Dem ist nicht so. Wir Rechtsanwälte haben keine „Beziehung“ zur Rechtsschutzversicherung, sondern teilen dorthin lediglich den Ausgang des Verfahrens mit, informieren über Kostenerstattungsansprüchen und übersenden gegebenenfalls die Honorarrechnung. Den Deckungsschutz selbst holt der Mandant, am besten vor oder unmittelbar nach dem Erstberatungsgespräch mit den Rechtsanwält*innen, ein. Die Deckungszusage senden Sie dann an uns zu.
Fazit
Die Rechtsschutzversicherung stellt oftmals eine wichtige finanzielle Absicherung dar, ist allerdings nicht ohne Einschränkungen. Neben Wartezeiten und Selbstbehalten sollten Sie genau prüfen, in welchen Rechtsgebieten Ihre Versicherung tatsächlich Deckung bietet.