
Die Prozesskostenhilfe (PKH), im Familienrecht Verfahrenskostenhilfe (VKH) genannt, ist ein wichtiges Instrument des deutschen Rechtssystems, das es finanziell benachteiligten Personen ermöglicht, ihre Rechte vor Gericht wahrzunehmen, ohne durch die Kosten eines Verfahrens übermäßig belastet zu werden. Im Folgenden erfahren Sie, wer Anspruch auf PKH hat, wie der Antrag gestellt wird und welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen.
Sie können die Informationen auch auf englisch anhören:
I. Was ist Prozesskostenhilfe?
Prozesskostenhilfe ist eine staatliche Unterstützung, die die Kosten für ein Gerichtsverfahren ganz oder teilweise übernimmt. Dazu gehören:
- Gerichtskosten,
- Kosten für einen eigenen Anwalt
- Auslagen für Zeugen oder Sachverständige.
Die PKH soll sicherstellen, dass auch Personen mit geringem Einkommen Zugang zur Justiz haben und ihre Ansprüche geltend machen können.
MERKE: Wollen Sie sich als Privatperson im Sozialrecht selbst – also ohne Anwalt – vertreten, müssen Sie keinen PKH-Antrag stellen, da keine Gerichtsgebühren anfallen.
II. Wer hat Anspruch auf Prozesskostenhilfe?
1. Finanzielle Bedürftigkeit
Der Antragsteller muss aufgrund seiner wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnisse nicht in der Lage sein, die Kosten des Rechtsstreits selbst zu tragen. Das Gericht prüft dabei das Einkommen und Vermögen des Antragstellers sowie regelmäßige Ausgaben wie Miete, Versicherungen und Unterhaltszahlungen. Es gibt keine festen Grenzwerte, aber als Orientierung gilt: Wer als Alleinstehender weniger als etwa 1.000 € netto monatlich zur Verfügung hat oder Sozialleistungen wie Bürgergeld bezieht, erfüllt oft die finanziellen Voraussetzungen.
Die Vermögensgrenze bei der Prozesskostenhilfe (PKH) richtet sich nach dem sogenannten Schonvermögen, das nicht zur Finanzierung der Prozesskosten eingesetzt werden muss. Seit dem 1. Januar 2023 beträgt dieses Schonvermögen für jede volljährige Person 10.000 Euro. Vermögen, das diesen Betrag übersteigt und als verwertbar gilt, muss jedoch vorrangig verwendet werden, bevor staatliche Unterstützung gewährt wird.
Neben der Vermögensgrenze spielen Freibeträge eine Rolle, die vom Einkommen abgezogen werden, um die finanzielle Bedürftigkeit zu berechnen. Diese Freibeträge sind abhängig von den Lebensumständen des Antragstellenden und umfassen beispielsweise Beträge für Erwerbstätige, Ehepartner sowie unterhaltsberechtigte Kinder und Erwachsene. Für das Jahr 2025 gelten folgende bundesweite Freibeträge:
- Erwerbstätige: 282 €
- Ehepartner/Lebenspartner: 619 €
- Unterhaltsberechtigte Erwachsene: 496 €
- Jugendliche (15–17 Jahre): 518 €
- Kinder (7–14 Jahre): 429 €
- Kinder (bis 6 Jahre): 393 €
Zusätzlich können regionale Unterschiede bestehen, etwa in Landkreisen mit höheren Lebenshaltungskosten wie München oder Fürstenfeldbruck, wo die Freibeträge entsprechend angepasst sind
Hier finden Sie einen Prozesskostenrechner
2. Erfolgsaussichten
Die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung muss hinreichende Aussicht auf Erfolg haben. Das Gericht beurteilt, ob die Klage oder Verteidigung nicht völlig aussichtslos ist. Dafür sind Belege und Dokumente notwendig, die den Sachverhalt des Rechtsstreits verdeutlichen.
3. Keine Mutwilligkeit
Die Rechtsverfolgung darf nicht mutwillig sein. Das bedeutet, dass eine verständige Person mit ausreichenden finanziellen Mitteln den Prozess unter Berücksichtigung von Kostenrisiken und Erfolgsaussichten ebenfalls führen würde. Mutwillige Verfahren werden nicht durch PKH unterstützt.
4. Keine alternative Kostenübernahme
Die Kosten dürfen nicht durch andere Stellen wie z. B. eine Rechtsschutzversicherung, Gewerkschaft oder einen Sozialverband gedeckt werden.
III. Wie wird Prozesskostenhilfe beantragt?
Der Antrag auf PKH erfolgt direkt beim zuständigen Gericht. Dabei sind folgende Schritte notwendig:
- Ausfüllen des Formulars „Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse“: Dieses Formular enthält Angaben zu Einkommen, Vermögen und monatlichen Ausgaben. Das Formular muss rückseitig unten in der Mitte unterschrieben werden.
- Belege beifügen: Dazu gehören Gehaltsabrechnungen, Mietverträge und andere Nachweise über finanzielle Verpflichtungen.
- Einreichung des Antrags durch den Anwalt oder persönlich beim Gericht.
Das Gericht entscheidet anschließend über den Antrag und informiert den Antragsteller über die Bewilligung oder Ablehnung. Im Zuge der Bewilligung wird Ihnen dann auch der benannte Rechtsanwalt im Verfahren beigeordnet.
Was gilt es noch zu beachten?
- Sind mehrere Personen Kläger, z.B. eine Bedarfsgemeinschaft bei Bürgergeld, muss jede Person ein eigenes Formular ausfüllen.
- Bei Kindern als Kläger müssen die Sorgeberechtigten den Antrag unterschreiben. Als Antragsteller ist aber der Name des Kindes und auch dessen Einkommen und Vermögen einzutragen
IV. Welche Kosten werden übernommen?
Je nach finanzieller Situation des Antragstellers kann die PKH:
- Die gesamten Kosten übernehmen (vollständige PKH),
- Die Kosten in Raten übernehmen (teilweise PKH).
Zur PKH-Bewilligung mit Ratenzahlung kommt es dann, wenn Ihr Einkommen oberhalb der Grenzwerte liegt. Dann folgt ein gestuftes Verfahren. Je höher Ihr Einkommen über der Grenze liegt, desto höher sind die Raten.
V. Welche Pflichten haben Sie nach der Bewilligung?
Nach Bewilligung der Prozesskostenhilfe (PKH) müssen Sie dem Gericht wesentliche Verbesserungen Ihrer wirtschaftlichen Verhältnisse unverzüglich mitteilen. Dies umfasst:
Einkommensänderungen
Jede nicht nur einmalige Erhöhung des monatlichen Bruttoeinkommens um mehr als 100 €. Aufnahme einer Erwerbstätigkeit oder signifikante Gehaltssteigerungen
Vermögensveränderungen
Erhebliche Zuwächse, z. B. durch Erbschaften oder Vermögensübertragungen. Das insbesondere dann, wenn der Vermögensfreibetrag überschritten wird.
Weitere wichtige Mitteilungen
- Änderung der Wohnanschrift
- Einkommensverschlechterungen, so kann z.B. eine zuvor angeordnete Ratenzahlung gesenkt oder aufgehoben werden
Konsequenzen bei Verstößen
- Rückwirkende Aufhebung der PKH-Bewilligung
- Verpflichtung zur Übernahme aller Verfahrenskosten ab Bewilligungszeitpunkt
- Anwendbar bei vorsätzlichem oder grob fahrlässigem Unterlassen (z. B. systematisches Ignorieren der Pflicht)
Die Mitteilung muss ohne Aufforderung erfolgen und gilt auch innerhalb von vier Jahren nach Verfahrensende. Nutzen Sie dafür das offizielle Formular oder informieren Sie das Gericht schriftlich unter Vorlage aktueller Nachweise (z. B. Gehaltsabrechnungen). Das Gericht wird unabhängig davon 4 Jahre lang nach Verfahrensabschluss bei Ihnen Änderungen durch Übersendung des offiziellen Formulars abfragen. Nach Ablauf der vier Jahre erfolgt keine Heranziehung mehr.
VI. Wichtige Hinweise
- Die PKH deckt keine außergerichtlichen Kosten wie Beratungsgespräche mit einem Anwalt ab. Hierfür können Sie Beratungshilfe beantragen. Das gilt auch für die Prüfung der Erfolgsaussichten einer Klage.
- Bei einer Ablehnung der PKH kann der Antragsteller gegen diese Entscheidung Beschwerde einlegen. Sollte die Ablehnung aufgrund wirtschaftlicher Verhältnisse erfolgen, kann später ein weiterer Antrag gestellt werden, sollten Sie bedürftig werden. Prozesskostenhilfe wird dann allerdings in der Regel erst für die Kosten übernommen, die ab diesem Zeitpunkt entstehen.