Das Soziale Entschädigungsrecht, geregelt im SGB XIV seit dem 1. Januar 2024, bietet Entschädigung für Opfer verschiedener Gewalttaten und schädigender Ereignisse.
I. Anspruchsberechtigte und Leistungen
1. Anspruch auf Leistungen haben Menschen mit Gesundheitsschäden durch:
Anspruch auf Leistungen haben Menschen mit Gesundheitsschäden durch:
Vorsätzliche, rechtswidrige tätliche Angriffe – Psychische Gewalttaten
- Sexuellen Missbrauch oder Übergriffe
- Menschenhandel
- Stalking
- Geiselnahmen
Und weiteres mehr…
2. Leistungen können umfassen:
- Schnelle psychotherapeutische Hilfe (= Akuthilfe)
- Therapeutische Hilfe
- Entschädigungszahlungen/Renten (je nach Schwere der Schädigung von 400€ bis 2.400€ monatlich)
- Übernahme von Behandlungskosten
- Ausgleich von Einkommensverlusten
Und anderes mehr…
Neu
Auch nahe Angehörige oder z.B. Kinder, die diese Taten unmittelbar miterlebt haben und eine Schädigungsfolge erleiden, haben die entsprechenden Ansprüche!
Beispiel: Die Mutter wird vom Vater geschlagen und das Kind hört dies im Nachbarzimmer mit und wird dadurch traumatisiert.
Außerdem werden jetzt auch Ausländer in den Kreis der Anspruchsberechtigten aufgenommen.
II. Fallgruppen und Beispiele für psychische Gewalt
Psychische Gewalt wird im SGB XIV als „sonstiges vorsätzliches, rechtswidriges, unmittelbar gegen die freie Willensentscheidung einer Person gerichtetes schwerwiegendes Verhalten“ definiert. Beispiele:
- Sexueller Missbrauch (§§ 174 bis 176d StGB)
- Sexuelle Nötigung und Vergewaltigung (§§ 177 und 178 StGB) – Stalking (§ 238 Abs. 2 und 3 StGB)
- Geiselnahme (§ 239b StGB)
- Räuberische Erpressung (§ 255 StGB)
- Mobbing
- Bedrohung mit Gewalt
III. Voraussetzungen für Ansprüche bei psychischer Gewalt
Um Ansprüche bei psychischer Gewalt geltend zu machen, müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:
- Ein vorsätzliches, rechtswidriges Verhalten muss vorliegen, das unmittelbar gegen die freie Willensentscheidung einer Person gerichtet ist.
- Das Verhalten muss als schwerwiegend eingestuft werden, vergleichbar mit den oben genannten Beispielen.
- Es muss eine gesundheitliche Schädigung als Folge der psychischen Gewalt nachgewiesen werden.
Achtung: Für eine Entschädigungszahlung muss der Gesundheitsschaden mindestens sechs
Monate andauern. - Ein direkter oder wesentlicher Zusammenhang zwischen dem schädigenden Ereignis und den
Gesundheitsschäden muss bestehen. - Die gesundheitliche Schädigung muss zu körperlichen, seelischen, geistigen oder
Sinnesbeeinträchtigungen geführt haben.
Es ist wichtig zu beachten, dass die Entschädigungsleistungen gesundheitliche Folgen durch die Taten voraussetzen und nicht auf einem anderen Ereignis beruhen. Die Erweiterung auf psychische Gewalttaten soll sicherstellen, dass auch Opfer von Stalking, Erpressung oder Bedrohung, die psychische Beeinträchtigungen erleiden, Leistungen erhalten können.
IV. Das neue Recht sieht erhebliche Beweiserleichterungen vor!
- Im Gegensatz zum früheren Opferentschädigungsgesetz reichen bei entsprechender Glaubhaftmachung für das Vorliegen der Tat auch die Angaben der Betroffenen
- Für die Anerkennung einer Gesundheitsstörung als Schädigungsfolge reicht die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs, die gegeben ist, wenn nach dem aktuellen Stand der medizinischen Wissenschaft mehr für als gegen einen ursächlichen Zusammenhang spricht (§ 4 Abs. 4 S. 1 SGB XIV).
Die Wahrscheinlichkeit eines ursächlichen Zusammenhangs wird im Falle von psychischen Gesundheitsstörungen im Einzelfall vermutet, wenn diejenigen medizinischen Tatsachen vorliegen, die nach den Erfahrungen der medizinischen Wissenschaft geeignet sind, einen Ursachenzusammenhang zwischen einem nach Art und Schwere geeigneten schädigenden Ereignis und der gesundheitlichen Schädigung und der Schädigungsfolge zu begründen (§ 4 Abs. 5 SGB XIV). Hierbei sind die versorgungsmedizinischen Richtlinien zu beachten.
V. Was ist Betroffenen zu raten?
Trotz der Beweiserleichterungen sind folgende Maßnahmen regelmäßig durchzuführen:
- Strafantrag bei der Polizei
- Sammeln von Beweismitteln. Im Falle von Stalking z.B. Chat-Protokolle, eigene Protokolle
- Bei häuslicher Gewalt Gewaltschutzantrag
- Zeugen benennen
- Schutz- und Beratungseinrichtungen aufsuchen. Es besteht auch die Möglichkeit, ein Fallmanagement beim Versorgungsamt zu beantragen. Ob dies bewilligt wird, ist einzelfallabhängig, aber z.B. bei Menschenhandel und minderjährigen Kindern vorgesehen
- Immer zum Arzt. Am besten anfangs eine Akut-Beratungsstelle aufsuchen, um so schon einmal ein erstes Indiz für eine Beeinträchtigung zu haben (= Schnelle Hilfen). Diese kann 12 Monate lang gewährt werden.
- Antrag beim Versorgungsamt stellen
Für anwaltliche Vertretung stehe ich ebenfalls gerne zur Verfügung!