Ein bedeutsamer Aspekt bei der Zuerkennung eines Grades der Behinderung bzw. eines Merkzeichens ist die Möglichkeit einer rückwirkenden Feststellung. Dies kann für Betroffene von erheblicher finanzieller und rechtlicher Relevanz sein.
Grundsätzliche Regelung:
Gemäß § 152 Abs. 1 SGB IX werden der Grad der Behinderung und die Merkzeichen ab dem Zeitpunkt festgestellt, an dem die Voraussetzungen hierfür vorlagen. Das bedeutet, dass eine rückwirkende Feststellung grundsätzlich möglich ist, wenn nachgewiesen werden kann, dass die Voraussetzungen bereits zu einem früheren Zeitpunkt erfüllt waren.
Zeitliche Begrenzung:
Die rückwirkende Feststellung ist jedoch in der Regel auf einen Zeitraum von maximal zwei Jahren vor Antragstellung begrenzt. Diese Begrenzung ergibt sich aus § 44 Abs. 4 SGB X, der eine Rücknahme von Verwaltungsakten zugunsten des Betroffenen für einen Zeitraum von bis zu vier Jahren vorsieht, wobei im Schwerbehindertenrecht üblicherweise eine zweijährige Frist angewandt wird.
Voraussetzungen für eine rückwirkende Feststellung:
- Nachweis : Es muss durch medizinische Unterlagen eindeutig belegt werden, dass die Voraussetzungen für die Hilflosigkeit bereits zum früheren Zeitpunkt vorlagen.
- Kontinuität der Behinderung: Die gesundheitliche Einschränkung muss seit dem beantragten Zeitpunkt ununterbrochen bestanden haben.
- Antragstellung: Ein formloser Antrag auf rückwirkende Feststellung muss beim zuständigen Versorgungsamt gestellt werden. Dies kann man aber auch mit der Antragstellung auf Zuerkennung eines Grades der Behinderung verbinden.
Bedeutung der rückwirkenden Feststellung:
Eine erfolgreiche rückwirkende Feststellung kann erhebliche Auswirkungen haben:
- Steuerliche Vorteile: Rückwirkende Geltendmachung des erhöhten Behinderten-Pauschbetrags für bis zu vier Jahre zurückliegende Steuererklärungen (§ 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO).
- Nachzahlung von Sozialleistungen: Mögliche Nachzahlungen z.B. für erhöhtes Pflegegeld beim Merkzeichen „H“ oder andere an das jeweilige Merkzeichen geknüpfte Leistungen.
- Rückwirkende Befreiung von Rundfunkgebühren: Eine Erstattung bereits gezahlter Gebühren kann beantragt werden.
Beispiel:
Frau M. stellt im Jahr 2025 einen Antrag auf Feststellung des Merkzeichens „H“. Anhand von ärztlichen Gutachten und Krankenhausberichten kann sie nachweisen, dass die Voraussetzungen für die Hilflosigkeit bereits seit 2023 vorlagen. Das Versorgungsamt kann in diesem Fall das Merkzeichen „H“ rückwirkend bis zum Jahr 2023 zuerkennen.
Rechtliche Hinweise:
Es ist wichtig zu beachten, dass die Beweislast für die rückwirkende Feststellung beim Antragsteller liegt. Daher ist es ratsam, alle relevanten medizinischen Unterlagen sorgfältig zu sammeln und aufzubewahren. In komplexen Fällen oder bei Ablehnung des Antrags kann die Unterstützung durch einen spezialisierten Anwalt sehr hilfreich sein.
Fazit:
Die Möglichkeit der rückwirkenden Feststellung im Schwerbehindertenrecht kann für Betroffene von großer Bedeutung sein. Sie ermöglicht es, Leistungen und Vergünstigungen nachträglich in Anspruch zu nehmen. Eine sorgfältige Dokumentation der Behinderung und ihrer Auswirkungen ist dabei unerlässlich. Als erfahrene Sozialrechtsanwältin kann ich Sie bei diesem Prozess unterstützen und Ihnen helfen, Ihre Rechte bestmöglich durchzusetzen.
Sollten Sie Fragen zur rückwirkenden Feststellung oder zu anderen Aspekten des Schwerbhinderungsrechts haben, stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.