Wichtige Entscheidung des Bundessozialgerichts zur Kostenübernahme bei stationärer psychischer Behandlung nach dem Asylbewerberleistungsgesetz
Das Bundessozialgericht (BSG) hat am 29.02.2024 einen für viele Migranten relevanten Fall (B 8 AY 3/23 R) entschieden, der die Übernahme der Kosten für eine stationäre psychiatrische Behandlung eines Asylbewerbers betrifft. Dieser Fall wirft ein Schlaglicht auf das Asylbewerberleistungsrecht und die Frage, wie mit Leistungen bei Krankheit und sonstigen Leistungen zur Sicherung der Gesundheit umgegangen wird.
Der Fall im Überblick
Ein afghanischer Staatsangehöriger, der im Juni 2018 nach Deutschland kam, stand im Mittelpunkt des Verfahrens. Nachdem sein Asylantrag abgelehnt wurde, erlebte er einen Suizidversuch seines Mitbewohners und stellte sich daraufhin in einem Zentrum für traumatisierte Flüchtlinge vor. Eine ambulante Behandlung kam jedoch nicht zustande, da die Übernahme der Fahrkosten abgelehnt wurde. Im März 2019 wurde er wegen des Verdachts auf eine schwere depressive Episode und eine Posttraumatische Belastungsstörung stationär aufgenommen. Die Kosten von fast 9000 Euro wurden jedoch vom zuständigen Landkreis nicht übernommen, was zu einer gerichtlichen Auseinandersetzung führte.
Entscheidung der Vorinstanzen
Sowohl das Sozialgericht Hildesheim als auch das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen gaben dem Kläger Recht. Sie argumentierten, dass unabhängig davon, ob eine „akute Krankheit“ vorliege, die stationäre Behandlung als unerlässliche Leistung zur Sicherung der Gesundheit anzusehen sei.
Die Entscheidung des Bundessozialgerichts – Kostenübernahme für psychsische stationäre Behandlung
Das BSG wies die Revision des Landkreises zurück und bestätigte damit die Entscheidungen der Vorinstanzen. Es stellte klar, dass Leistungen bei einer „akuten Erkrankung“ auch solche Gesundheitszustände umfassen, die eine sofortige Behandlung erfordern, um eine Verschlechterung des Zustandes oder ein kritisches Stadium der Erkrankung zu verhindern. Dies gilt auch für Schmerzzustände, die behandelt werden müssen.
Die Richter fanden, dass die Voraussetzungen einer akuten Erkrankung sowohl bei der Aufnahme als auch während der stationären Behandlung gegeben waren. Die stationäre Behandlung war notwendig, um eine Verschlechterung der Erkrankung oder eine Eigengefährdung des Klägers auszuschließen. Besonders hervorgehoben wurde, dass der Kläger keine ambulante Unterstützung in Anspruch nehmen konnte, da ihm die notwendigen Fahrtkosten verwehrt wurden.
Sollten Fahrtkosten zur Wahrnehmung einer ambulanten Unterstützung von der Kommune bewilligt werden, muss man den Fall differenzierte betrachten. Hier käme es dann auf die fachärztliche Stellungnahme an, ob ambulate Hilfen ausreichend sind oder nach einer Akutaufnahme in eine stationäre Einrichtung eine Überleitung in eine ambulante Weiterbehandlung erfolgen kann.
Bedeutung des Urteils
Dieses Urteil unterstreicht die Bedeutung des Zugangs zu medizinischer Versorgung für Asylbewerber, insbesondere in Fällen psychischer Erkrankungen.
Diese Problematik hat sich nunmehr verschärft. Nach der Neuregelung werden Asylbewerber 36 Monate auf diese geringere medizinische Versorgung verwiesen. In der Praxis ist immer wieder Steitpotential, ob und in welchem Umfang eine medizinische Behandlung notwendig ist.
Für Probleme in diesem Zusammenhang und allgemein zum Asylbewerberleistungsgesetzt können Sie sich gerne an mich wenden.